9. Dezember 2023

Wie der Bürgermeister zum Miethai wurde – eine Weihnachtsgeschichte

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Wie würden Sie eigentlich reagieren, wenn ihr Vermieter ihnen überraschend ein paar neue Regeln für ihre Wohnung offenbaren würde: Sie dürfen auf der Couch nichts mehr essen, jegliches Haustier – selbst ihr Goldfisch – fliegt raus, sie bekommen klare Ansagen, wann Sie die Dusche benutzen dürfen und obendrein kommt der Vermieter in Zukunft jederzeit ganz ohne Ankündigung in ihre Wohnung, um „nach dem Rechten zu schauen“. Sie würden vermutlich völlig zu Recht den Mieterverein oder ihren Anwalt anrufen, und ihrem Vermieter ma richtig den Marsch blasen lassen. Und überhaupt: solche üblen Vermieter gibt es doch nur in schlechten Krimis, oder? Nein, denn in unserem schönen Städtchen ist der Bürgermeister genau so ein Miethai.

Es war Dezember und die Tage kurz, das Wetter kalt, ein wenig Schnee war auch gefallen. In Gronau und Epe machte sich langsam weihnachtliche Stimmung breit, die Menschen stellten die ersten Tannenbäume auf und kauften Geschenke für ihre Lieben. Nur im Rathaus, da scheint die Weihnachtsstimmung noch so gar nicht angekommen zu sein, denn der Bürgermeister legt dem Stadtrat für die Flüchtlingsunterkünfte eine neue Hausordnung unter den Weihnachtsbaum, die es so richtig in sich hat. Bei den Regeln, die künftig in Unterkünften der Stadt gelten sollen, will der Bürgermeister weit über das rechtlich Zulässige hinausgehen und tritt die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dabei zugleich mit Füßen.

Das C (christlich) und das D (demokratisch/rechtstreu) muss man nicht nur der CDU aus dem Namen streichen, sondern leider auch ihrem Bürgermeister in dieser Geschichte.

Unbarmherzig halten Bürgermeister und CDU an einer schnell und ganz offensichtlich ohne jegliche Sorgfalt und Anstand zusammengeschusterten neuen Hausordnung für die geflüchteten Menschen in Gronau und Epe fest. Damit soll den Bewohner*innen verboten werden, im eigenen privaten Wohnbereich zu Essen, Tiere jeglicher Art zu halten, nach eigenem Ermessen zu Duschen und – wohl das Schlimmste – der Bürgermeister behält sich ein Kontroll- und Betretungsrecht aller privaten Räume vor. Jetzt sollte jeder einigermaßen normal denkende Mensch sich fragen: wie kommt man auf so einen Stuss, wo doch jedem sofort klar sein muss, dass solche Regeln keinem Mieter zumuten kann – und auch geflüchtete Menschen sind Mieter, die für ihre Unterkünfte eine Entschädigung an die Stadt bezahlen, soweit sie ein eigenes Einkommen haben, so wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger auch.

Nach Recherchen der UWG liegt es wohl daran, dass der Bürgermeister seinen Vorschlag für die sogenannte Hausordnung aus dem Internet kopiert hat und dabei übersehen hat, dass es sich um Regeln aus dem Jahre 2015 für eilig umgebaute und provisorische Unterbringungsmöglichkeiten in Turnhallen handelte. Besonders peinlich ist, dass dieser Fehltritt der Verwaltung noch immer nicht behoben ist, obwohl bereits seit Monaten Hinweise der Grünen Fraktion vorliegen, dass die vorgeschlagenen Regeln so nicht richtig sein können. Der Bürgermeister entschloss sich dennoch, an seinem offensichtlich rechtswidrigem Vorschlag festzuhalten, auch wenn das Bundesverwaltungsgericht inzwischen noch einmal unmissverständlich klargestellt hatte:

Räume, Zimmer, sogar geteilte Mehrbettzimmer in Gemeinschaftsunterkünften sind als Wohnung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz zu betrachten.

BVerwG 1 CN 1.22, BVerwG 1 C 10.22

Und so begab es sich, dass in Gronau und Epe in der winterlichen und weihnachtlichen Stimmung nun im Stadtrat darum gerungen werden muss, dem Bürgermeister von der Partei, die das C sogar im Namen führt, ein paar christliche Werte zum Umgang mit geflüchteten Menschen neu vermittelt werden müssen. Ganz im Sinne der Weihnachtsgeschichte haben sich die drei Ratsmitglieder der UWG aufgemacht, um mit einem ausführlichen Antrag alle rechtswidrigen, rechtlich fragwürdigen und auch völlig unnötigen und überholten Punkte aus der Hausordnung des Bürgermeister zu streichen und eine ordentliche Beratung und menschenwürdige, rechtskonforme Regelungen in den Unterkünften der Stadt zu ermöglichen.

Wir sind gespannt, wie diese Weihnachtsgeschichte endet …


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